Der Sonntag darf nicht zum Werktag werden

Medienmitteilungen

Jahres-DV des Aargauischen Gewerkschaftsbundes

Vier bewilligungsfreie Sonntagsverkäufe sind den Aargauer Gewerkschaften zwei zu viel. Einstimmig sprachen sich die Delegierten des Aargauischen Gewerkschaftsbundes (AGB) am Donnerstagabend in Aarau gegen das Einführungsgesetz zum Arbeitsrecht des Bundes aus, das am 13. Juni zur Abstimmung gelangt.

 

Mit dem Einführungsgesetz sollen neben den zwei vom Regierungsrat festzulegenden zwei Sonntagsverkäufen im Advent zwei weitere bewilligungsfreie Sonntagsverkäufe von den Gemeinderäten individuell nach Bedürfnis bestimmt werden können. Es handle sich um einen eigentlichen ?Schicksalsparagraphen?, der für die Gewerkschaften nicht tolerierbar sei, sagte AGB-Präsident Kurt Emmenegger. Mit 220 Sonderlösungen könnten an jedem Sonntag im Jahr irgendwo im Aargau Geschäfte geöffnet und so der Sonntag zum gewöhnlichen Werktag gemacht werden.

 

Der arbeitsfreie Sonntag sei eine jahrhundertealte Errungenschaft, die nicht über Bord geworfen werden dürfe. Der Sonntag habe eine grosse soziale Bedeutung, deshalb solle nur gearbeitet werden, wenn es unbedingt notwendig sei. Profiteure von Sonntagsverkäufen seien jedoch einzig die Grossverteiler und Einkaufszentren. Die Zeche dafür bezahlen müsse das Verkaufspersonal, von dem schon heute grosse Flexibilität abverlangt werde. Auch kleine Läden hätten angesichts der hohen Personalkosten kein Interesse daran, an Sonntagen offen zu halten, weil kein effektiver Mehrwert erzielt werden könne, zeigte sich der AGB-Präsident überzeugt.

 

In der Diskussion wurde zudem vor den Auswirkungen von Sonntagsverkäufen auf andere Zulieferbetriebe gewarnt. Da die Läden mit Frischprodukten beliefert werden müssten, werde auch die ganze Logistik von Ladenöffnungen an Sonntagen betroffen, stellte Nationalrat Max Chopard fest. Zudem werde durch Sonntagsverkäufe der Lohndruck verstärkt.

 

Der Antrag des Kantonalvorstandes, das Einführungsgesetz zur Ablehnung zu empfehlen, unterstützten die Delegierten einhellig. Daran konnte auch Regierungsrat Urs Hofmann nichts ändern, der die Vorlage als ?tragbare Lösung? verteidigte. Der ehemalige AGB-Präsident zeigte sich überzeugt davon, dass die Gemeinderäte mit den beiden zusätzlichen Sonntagsverkäufen sinnvoll umgehen werden.

Einstimmig für Verfassungsänderungen

Geladen war der Justizdirektor, um die beiden andern kantonalen Abstimmungsvorlagen vom 13. Juli vorzustellen. Mit zwei Änderungen der Kantonsverfassung gehe es darum, die Grundlage für den Vollzug der vom Schweizer Volk 2000 beschlossenen Vereinheitlichung des Zivil- und Strafprozessrechts zu schaffen, sagte Hofmann.

 

Mit dem neuen Zivilprozessrecht ändere sich für den Aargau nicht allzu viel. Die Arbeitsgerichte blieben erhalten und Mietschlichtungsstellen würden statt wie bisher den Bezirksämtern neu den Bezirksgerichten angegliedert. Einschneidend seien dagegen die Folgen des neuen Strafprozessrechts.

Mit dem vom Bund vorgeschriebenen Staatsanwaltschaftsmodell werden die 11 Bezirksämter auf Ende 2012 aufgehoben und durch sechs Staatsanwaltschaften ersetzt. Die Umorganisation werde von den Bezirksamtmännern mitgetragen, betonte Hofmann. Dies insbesondere deshalb, weil alle bisherigen Mitarbeitenden der Bezirksämter neue Aufgaben in den Staatsanwaltschaften der Bezirke erhielten und die Bezirksamtmänner und ihre Stellvertretungen bei entsprechender Eignung Staatsanwälte werden könnten.

 

Das sei kein ?Zaubertrick?, sondern die ?beste Lösung?, betonte Hofmann. ?Ich wüsste nicht, woher wir sonst 30 neue Staatsanwältinnen und Staatsanwälte hernehmen sollten?. Als Untersuchungsrichter machten die Bezirksamtmänner bereits jetzt einen grossen Teil der Arbeit, die künftig die Staatsanwälte in den Bezirken machen müssten.

Die beiden Verfassungsänderungen waren bei den Gewerkschaftsdelegierten unbestritten und wurden einstimmig zur Annahme empfohlen.

 

Kurz und bündig abgehandelt werden konnte der statutarische Teil. Die Jahresrechnung und das Budget wurden einstimmig gutgeheissen. Kenntnis nehmen musste die Versammlung zudem vom sofortigen Rücktritt von Walter Wüest aus gesundheitlichen Gründen. Der langjährige Vertrauensmann der Personalkommission der Effingerhof AG in Brugg gehörte seit 2000 als Vertreter der Gewerkschaft comedia dem AGB-Kantonalvorstand an.

 

Im Anschluss an den geschäftlichen Teil stellte Claudia Bandixen einige grundsätzliche Überlegungen zur Bedeutung des Sonntags in der heutigen Zeit an. Die Kirchenratspräsidentin der reformierten Landeskirche Aargau sprach sich dabei dezidiert gegen die zunehmende Verkommerzialisierung und eine ?Zwei Zeiten-Gesellschaft? aus.

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